Bildhauer Karlheinz Hoffmann

Der Bildhauer Karlheinz Hoffmann (7.10.1925 - 11.10.2011) ist auf dem Kunstmarkt bisher wenig bekannt. Es lag auch nicht in seinem Interesse, sich dort zu integrieren. Bekannt ist er hingegen in einschlägigen Kreisen durch seine vielen Arbeiten im kirchlichen und öffentlichen Raum. Fast immer gingen den Aufträgen Wettbewerbe voraus. Im Jahr 2000 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und 2006 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.

Sein künstlerischer Nachlass ist überwältigend. Er umfasst große und kleine Skulpturen aus Holz, Stein und Metall; außerdem Graphiken und Aquarellmalerei, Briefe, Essays und Gedichte.

Die Arbeit diesen Nachlass zu dokumentieren hat erst begonnen. Skulpturen und Objekte werden erfasst und fotografiert. Schriftstücke und Grafiken – in Haufen zusammenliegend oder in zusammengeschnürten Päckchen, bisweilen mit der Aufschrift "To whom it may concern" versehen – werden gesichtet und geordnet.

Diese Dokumentation wird nach und nach auf der posthum für Karlheinz Hoffmann geschaffenen Website dargestellt. Sie ermöglicht Interessierten Einblicke in seine gestalterische Welt. Aktuell zeigt sie lediglich einen winzigen Ausschnitt seines Lebenswerkes. Das Atelier in Wieling bei Starnberg ist nach Vereinbarung öffentlich zugänglich.

Autobiografie

1925 - 1937

Geboren am 7. Oktober 1925 in Mersinke, einem kleinen Dorf in Hinterpommern. Zweites Kind unter vier Geschwistern. Der Vater war Schmiedemeister, der Großvater mütterlicherseits Gutsverwalter. Die Vorfahren stammen z. T. aus Ostpreußen, Russland, aus dem Salzburgischen. Besuch einer zweiklassigen Volksschule, Vertrautwerden mit den Eigenheiten des dörflichen Lebens, der Landschaft. Mithilfe bei den anstehenden Arbeiten im Haus, im Stall, auf dem Feld.

Die Schmiede: Ort und Anlaß kindlichen Staunens. Erste Basteleien. (Wer macht den schönsten Hufnagel mit gleichmäßig ausgeformtem Kopf?) Ein Zweifaches: Starke Einbindung in das Geforderte und Freiraum für Spiel, Auslauf, Selbsterprobung.

Alleiniger Arbeitgeber (und Herr des Gemeinwesens) war der Gutsbesitzer. lm Herbst zogen die Familien mit Kind und Kegel auf die Kartoffeläcker. Es galt, mitzuhalten und ein Zubrot zu verdienen. Erinnerlich das Sterben einer neunköpfigen Tagelöhnerfamilie. TBC. Der wunderschöne See mit seinen drei verschiedenartigen Inseln, dessen Eisdecke im Winter donnernd zerbarst. Die feinen Adern einer geheimnisvollen Geometrie; die Verwerfungen der Fläche bekam der Schlittschuhläufer zu spüren, wenn er sich gar zu sorglos tummelte.

Erinnerlich auch Erscheinung und Wesensart der Großmama, die, mit einer Handarbeit beschäftigt, den Enkeln Märchen und Geschichten erzählte. der »Hof'sche Garten«, ein eingefaßter, abgeschirmter Park mit dem Schloß, einem Pavillon, dem Bootssteg.

Manche Bewohner des Dorfes kannten diesen Bezirk gesicherter, kultivierter Existenz nur vorn Hörensagen. Etwas verändert sich: Die Väter und Burschen machen Übungen in einer braunen Kluft, wir Buben verstehen nicht, warum unsere Begeisterung für den Negus, für den Freiheitskampf der Abessinier von den Erwachsenen nicht geteilt wird. Auch nicht von unserem Lehrer.

1938 - 1945

Zwölfjährig erhalte ich eine Freistelle in einem Internat in Feldafing, der Oberschule Starnberger See. Energische Weichenstellung des Großvaters, schwere Entscheidung der Eltern.

Bis 1943 Schüler in Feldafing. Die Phase der Pubertät, der Neugierde und Lernwilligkeit in einer völlig neuen (beinahe unwirklichen) Umgebung, einer zunehmend befremdlichen, schrecklichen Zeit. Freundschaftliche Bindung an Otto Kreppel, Alfred Biersack, den Musikerzieher Leo Künzel. Erste Versuche, mit Zeichenstift und Pinsel Sinneseindrücke und Empfindungen festzuhalten.

1942 lerne ich die Malerin Charlotte Buchheim kennen. Ihre Arbeiten wirken zunächst fremdartig, schockierend. Auch die hoch verehrte Frau Landshoff in Berlin bestärkt mich darin, meine Gehversuche ernster zu nehmen, den Parolen und Praktiken des »Zeitgeistes« zu misstrauen.

Notabitur - Soldat. Aufenthalt in Belgien und Frankreich: Ein origineller, liebenswerter Architekt und Privatier richtet für uns eine Werkstatt ein, beschafft Farben und Aquarellpapier. Fahrten nach Chartres und Paris.

Zehntägiger Besuch im Staatsatelier von Prof. Thorak. Der Großmeister bestätigt Talent. Seine Schülerin gibt mir die Briefe von Van Gogh zu lesen. Einer der Gehilfen schnitzt nach Fleißarbeit in monumentalem Gips nächtens eine Kinderwiege.

Einsatz an der Invasionsfront, bei Caen verwundet. Das Überleben verdanken wir Erschreckten, Zweifelnden, Ratlosen - weitgehend denjenigen unter den »Alten«, die sich nach Frieden sehnten, nach Beendigung dieser grauenhaften, heil- und sinnlosen Orgie der Gewalt.

Kopfloses Umherirren: Berlin, Prag, Wien. Zur »Abschreckung« werden auf widerliche Weise zwei Fahnenflüchtige exekutiert: Gefühle des Ekels, der Scham, das Eingeständnis eigener Ohnmacht, Verkommenheit. Gefangenschaft, Internierungslager, Flucht. Aufenthalt auf dem Hof des Bauern, Zeichners und Musikers Heinz Waltjen. Er hatte an der Akademie in München studiert, den Künstlerberuf aufgeben müssen.

1946 - 1955

1946 Übersiedlung nach Herrsching. Zimmer und Arbeitsmöglichkeit im Haus des Tierplastikers Prof. Krieger. Studium an der Akademie München. Erster Lehrer Prof. Wackerle, Schwerpunkt Bildhauerei. Später, parallel dazu, Malerei bei Prof. Gött. Zeichenlehrerausbildung und 1. Staatsexamen (Marxmüller).

Kennenlernen der »verfemten Kunst«. Nachhaltige, prägende Eindrücke: Dix, Kokoschka, Modersohn-Becker, Grosz, die modernen Italiener. Freundschaft mit Distler, Frettlöh, Koenig und Urban Thiersch.

Reisen nach Berlin zu Heiliger, nach Hamburg zu Scharff, an die Folkwangschule nach Essen (Schardt). Broterwerb durch kleine Aufträge, Zeichnungen, Illustrationen. Ich portraitiere u. a. (und teils aus eigenem Entschluss) den Clown Grock, den Geiger Vegh, Fritz Nemitz, den Initiator der Gruppe 47, Hans Werner Richter, den Schauspieler Dahlie, Hilde Weißner, den Chef des Graunke-Orchesters.

Meisterschüler-Atelier (zusammen mit Rosa) in der Bildhauerklasse Prof. Hiller. Stipendiat der Studienstiftung. (Eröffnung eines Bankkontos am Promenadeplatz.) Erste interne und öffentliche Wettbewerbe. Unter den Preisträgern der Kunstausstellung »Eisen und Stahl«, Düsseldorf, Mahnmal der Vertreibung, Ostdeutsche Akademie Lüneburg (das Kuratorium lehnt ab).

Aufnahme in den Berufsverband bildender Künstler, in die »Künstlergilde Eßlingen«, drei Jahre später in die »Neue Gruppe« München. An dieser Stelle sei dankbar erwähnt das Wirken und die Förderung des damaligen Direktors der städt. Galerie. Dr. Arthur Rümann, der auch Kößlinger. Koenig und Habdank unter seine Fittiche nahm.

1953 Beendigung des Studiums an der Akademie. Ausstellung an der Heimvolkshochschule Rastede/Oldenburg. Der Versuch, Unterrichten und eigenes Arbeiten auf einen Nenner zu bringen, scheitert. Rückkehr nach München. Nachholbedarf: Studien im Tierpark Hellabrunn. Zeichnungen, Tierplastik. Beteiligung an Ausstellungen, erste Ankäufe.

Wie wird aus dem Angestrebten, Erworbenen das Eigentliche? Ein Beruf? Am 2.4.1955 heiratete ich Anna-Barbara Pfeifer. Wir gründen eine Familie, sind auf der Suche nach Wohnraum und Atelier, nach einer materiellen wie geistig-seelischen Existenz.